Von Eva-Maria Reuther
TRIER Der Raum ist ebenso Bestandteil unseres Alltags wie unserer Ideenwelt. Wir sprechen von Wohn-, Erholungs- und Lufträumen. Architekten fassen Raum in Kubikmetern, Innenarchitekten gestalten ihn. Im Spielraum, den wir haben, fasst unsere Sprache die Idee des Raums, genauso wie in den sogenannten über die erfahrbare Wirklichkeit hinaus reichenden Vorstellungsräumen. Was nun ist der Raum wirklich, und was hat er mit der Zeit zu tun? Ist er nur eine Idee und zeit- und grenzenlos oder ist er abhängig von Begrenzungen und erst durch seine Beziehung zur Materie als Raum wirklich und anschaulich?
Die Beantwortung all dieser Fragen beschäftigt und entzweit die europäischen Philosophen seit Jahrtausenden. Berühmt ist der Streit zwischen dem Physiker Isaac Newton und dem Philosophen Gottfried Wilhelm Leibniz. Während für den Naturwissenschaftler Newton der Raum eine Idee bleibt, die sich lediglich in einer abstrakten mathematischen Formel fassen lässt, ist für den Rationalisten Leibniz der Raum erst im Zusammenhang mit der fassbaren Materie existent. In der Tradition solcher Überlegungen reflektiert Cordula Prieser derzeit in der Galerie Junge Kunst in der Trierer Karl-Marx-Straße den Begriff des Raums mit den Mitteln der Kunst. Dabei verbindet sie eindrucksvoll Idee und Materie zur künstlerischen Form.
Zu sehen sind in der Ausstellung Skulpturen aus Holz und Aluminium sowie Tape Bilder, die wie räumliche Zeichnungen aus Klebeband wirken. Zuweilen wird das Band zur dynamischen Linie, aus der sich ein Raumkörper entwickelt. Anderswo ist die Farbe Bauteil der Raum-Architektur. Der Umgang mit dem Raum und das Erzeugen von Räumlichkeit ist ein zentrales Thema der Kunst.
|
|
Auch die 1966 geborene Künstlerin setzte sich schon früh damit auseinander. Vor ihrem Studium der Freien Kunst mit Schwerpunkt Plastik an der Hochschule für Künste in Bremen, hatte sie bereits eine Ausbildung als Bildhauerin hinter sich. Ihre Trierer Ausstellung trägt den Titel "Ein Leeres zur Wohnung". Eine dynamische ästhetisch ausgesprochen reizvolle Holzskulptur aus schmalen Holzriemen, die wie eine verräumlichte Zeichnung wirkt, dominiert den Galerieraum. Sie trägt den Titel: "same as it never was". Sie steht im Dialog mit der prominenten Wandzeichnung des Tape-Bildes an der Stirnwand, das ein komplexes Raumgefüge zeigt.
Priesers durchdachte Arbeiten präsentieren den Raum als ambivalentes, widersprüchliches Gebilde, das in Bewegung ist, fassbar durch seine materiellen Grenzen und unfassbar in seiner Leere. Am eindrücklichsten stellt sich das in der erwähnten Holskulptur dar, in der sich begrenzter Raum und Leere durchdringen. Priesers Holzskulptur ist ein Raum im Raum, der unendlich weiter nach außen fortgedacht werden kann.
Den Titel der Ausstellung mag man zudem als Hinweis auf jene Leere verstehen, die den Menschen zum Raum-Gestalter seiner eigenen Welt macht und in deren unendlichen Unbehaustheit er sich seine eigene Behausung errichten muss. Eine eindrucksvolle, bildmächtige Ausstellung.
Zu sehen ist die Ausstellung bis einschließlich Samstag, 15. April, jeweils samstags und sonntags zwischen 14 und 17 Uhr sowie nach Vereinbarung. Schaufenstergalerie täglich. Telefon: 0651/9763840. Internet : www.junge-kunst-trier.de
|