Das Alltägliche als Ereignis abbilden

Die Galerie Junge Kunst in Trier zeigt Gemälde von Thoralf Knobloch.

Eines der in der Galerie Junge Kunst gezeigten Bilder von Thoralf Knobloch: "Karton". | Foto: Eva-Maria Reuther
Eines der in der Galerie Junge Kunst gezeigten Bilder von Thoralf Knobloch: "Karton".
Foto: Eva-Maria Reuther

Von Eva-Maria Reuther

TRIER | Eigentlich hatten wir das alles schon gesehen. Oder besser gesagt: wir hatten sie übersehen, die achtlos dahingeworfene Zigarettenschachtel, die provisorisch gestapelten Kartons, die notdürftig zusammengehaltenen Teile eines Gitters, die Lackrisse in der Tür eines Wohnwagens.

Anders Thoralf Knobloch: Der Berliner Maler ist mit genauen Blick unterwegs für das, was gemeinhin als alltäglich und unbedeutend abgetan wird. Was er dabei an Bildern sammelt, wird im Atelier auf der Leinwand künstlerisch überformt. In Knoblochs Gemälden wird so das scheinbar Unscheinbare zum Ereignis. Derzeit sind seine gemalten Fundstücke unter dem Titel "Fundbüro" in der Trierer Galerie Junge Kunst versammelt.

Der 1962 in Bautzen geborene Maler, der an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden studierte, setzt sich in seinen Bildern mit der Alltagswelt und ihrer Wahrnehmung auseinander. Als Vorlage dienen ihm dabei Fotografien, die er unterwegs aufnimmt. Als Maler ist Knobloch unter die Realisten zu rechnen. In seinen Arbeiten ist gleichermaßen eine gewisse Nähe zum amerikanischen Realismus des 20. Jahrhunderts erkennbar wie zur Neuen Sachlichkeit.

Die Kunstwürdigkeit des Alltags und seiner Attribute ist seit langem unstrittig und vielfach künstlerisches Thema. Allerdings belässt es Knobloch nicht bei der fotorealistischen Wiedergabe der
Alltagswirklichkeit und ihrer Requisiten. Vielmehr fokussiert er den Blick des Betrachters auf Ausschnitte mit bisweilen überraschenden Details, wie etwa einen bunten Pfosten am Bootssteg. Mit Hilfe von Licht und Schatten entrückt er ein anderes Mal seine Motive in eine traumhafte surrealistische Ferne. Überhaupt ist die kühle Distanz allen seinen Bildern eigen.

Knoblochs Gemälde sind dennoch ausgesprochen erzählfreudig. Allerdings spielt sich die Geschichte im Kopfkino des Betrachters ab. Was mag in den Kartons verschickt worden sein? Wer hat sie so achtlos gestapelt, und wer mag sich in dem alten Wohnwagen verschanzen, dessen Bild den Titel "Bastei" trägt? All das geht dem Betrachter durch den Kopf, angesichts der Dinge, die sich augenscheinlich selbst genügen und doch hinter ihrem Bild eine viel weiterreichende Wirklichkeit ahnen lassen.

Knobloch konzentriert und verlangsamt die Wahrnehmung der Alltagswirklichkeit. Dabei schafft er jenen Moment der Stille und des Innehaltens, das ein Anliegen aller Kunst ist. In der Beschränkung auf den Ausschnitt erweitert er zudem den geistigen Horizont des Betrachters zur Schaffung eigener Bilder.

Gezeigt wird die Ausstellung noch bis Samstag, 14. November. Zu sehen ist sie samstags und sonntags zwischen 14 und 17 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung, Telefon 0651/9763840. Mehr Informationen unter www.junge-kunst-trier.de.

 
Quelle: Trierischer Volksfreund vom 30. Oktober 2020, Kulturseite

Zur Ausstellung Thoralf Knobloch, Fundbüro, 3. 10. bis 14. 11. 2020

 

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Letzte Aktualisierung: 30.10.2020 21:10:35 © 2020 Kunstverein Trier Junge Kunst e.V.