An der Pflanzenwelt interessieren mich nicht Aussehen, Eigenart und Schönheit der einzelnen Pflanzen. Es interessiert mich ihre Eigenschaft zu wuchern und autonome Räume zu erschaffen, es interessieren mich die zugrunde liegenden Ordnungs- und Entwicklungsprinzipien.
Erst vor wenigen Jahren ist Vegetation in mein Blickfeld geraten.
Dabei war das Erleben von Wald prägend für meine Kindheit! Die vor 50 Jahren wenig erschlossenen Wälder des Harzes erlebte ich damals als Inbegriff üppiger Wildheit. Blühen und Sprießen, Fäulnis und Zersetzung, Werden und Vergehen, Leben und Tod, Anfang und Ende des Daseins sah ich in schauriger Schönheit untrennbar verwoben. In räumlicher Hinsicht hingegen ließ dieser Wald durchaus keinen Anfang und kein Ende erkennen, sofern man sich erst einmal mittendrin in den Waldestiefen befand.
Der Wald ermöglichte mir also erste Bekanntschaft mit den allgemeinen Grundfragen des Daseins und zudem sogar eine vage Ahnung vom Begriff der Unendlichkeit. In Wäldern habe ich seither stets nach diesem Gefühl von Unendlichkeit gesucht.
Meine Bildkompositionen sind unhierarchisch. Alle Bildkomponenten beziehen sich aufeinander und entsprechen sich in ihrer Bedeutung. Es geht nicht um Details, sondern um ihr Zusammenwirken. Um die Räumlichkeit der im Bild erfassten Situation auszuloten, mache ich unterschiedlich fokussierte Einzelaufnahmen. So entstehen aparte Sichtebenen, die später miteinander verwoben werden. Aufwendig herausgemeißelte Schärfe und Unschärfe überlagern sich oftmals. Räumliche Tiefe wird komprimiert und in einer einzigen Bildebene integriert. Da die Einzelaufnahmen in zeitlicher Abfolge entstehen, wird die Zeit ebenso komprimiert wie der Raum.
Die so entstehenden Bilder irritieren, denn wir erwarten von fotografischen Bildern, dass sie das Leben einfrieren und aus den Bildern verbannen. Je mehr die Bildwirklichkeit aber dem Wahrheitsanspruch des Augenscheins widerspricht, desto eher vermag sie Realität freizulegen und zu vermitteln.
Markus Bydolek
Gezeigt in der Ausstellung Künstler des Kunstverein Trier Junge Kunst in Koblenz, retour, 21.11.-22.12.2016
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