Doris
Gassmann
"Unerträglich" (Objekte)
Kunstverein Trier /Junge Kunst 10. 10. 97
(in Anwesenheit der Künstlerin)
Einführung: Bernd Sauerborn

Bei dieser Ausstellung "Doris Gassmann: Unerträglich" müssen wir natürlich
auch über Schmuck reden, allein schon um den Fragen zuvorzukommen, ob dies Schmuck sei,
und wenn ja, was Schmuck in einer Kunstausstellung zu suchen habe. Diese Fragen sind
relativ leicht zu beantworten. Erstens. Ja, es ist Schmuck. Zweitens: Nein, es ist kein
Schmuck und hat deshalb die Berechtigung, in einer Kunstgalerie gezeigt zu werden.
Die Widersprüchlichkeit dieser beiden Aussagen läßt sich ebenso leicht aus der Welt
schaffen, indem wir die Bedeutung des Wortes Schmuck im semantischen Sinne nachspüren.
Denn ebensowenig wie die Arbeiten von Claes Oldenburg, Andy Warhol oder Marcel Duchamp die
Dinge in realiter darstellen, handelt es sich bei den gezeigten Objekten nicht um Schmuck
im herkömmlichen Sinne. Die äußere Form, die eine Ähnlichkeit mit Colliers, Armbänder
und dergleichen assoziiert, ist ebenso wie bei den Arbeiten der Vorgenannten lediglich ein
Transporteur des angestrebten künstlerischen Ausdrucks oder Gedankens.
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Schmuck kommt von
"Schmiegen", und schmiegsam sind die ausgestellten Arbeiten sicher nicht. Im
Gegenteil, wenn Doris Gassmann Schmuck als Unterstützung der individuellen Ausstrahlung
seines Trägers oder dessen Trägers oder dessen positiven Erscheinungsbild versteht, dann
sind diese Objekte eigentlich untragbar, und von ihrer Thematik her teilweise gar
"unerträglich", denn für die meisten von uns sind Themen wie das
"Parlament" oder "Das Kreuz mit dem Papst" doch schlechtweg nicht mehr
zu ertragen.
Wenn der Betrachter oder Begreifer der Objekte trotzdem das Gefühl überkommt, er müsse
die gezeigten Arbeiten überstreifen, anziehen, d.h. sie in Körpernähe bringen, so ist
dies von Doris Gassmann sicherlieb ein so gewollter und erwünschter Effekt. So, wie der
Maler Leinwand in einem bestimmten Format oder der Bildhauer Holz oder Stein mit einer
gewissen Oberflächenbeschaffenheit braucht, so braucht Doris Gassmann das Metall oder in
bestimmten Fällen metallartiges Material, um ihre Ideen, Assoziationen und Wünsche in
Form zu bringen, und speziell im vorliegenden Falle in die Form schmuckähnlicher
Gegenstände. Nicht beabsichtigt ist jedoch ein weiterer Kommentar zur Gestaltung oder
Nichtgestaltung zeitgenössischer Schmuckformen und deren edlen oder unedlen Materialien.
Die Objekte selbst bedürfen keiner Kommentierung, ihre Titel und die Ausführung sprechen
für sich selbst. Sie beinhalten viel Persönliches, aber sicher auch Themen, die jeden
von uns betreffen. Und da, wenn man einer bekannten (und beliebten ) Kunstkritikerin des
Trierischen Volksfreundes glauben will, dies jetzt auch beim Genießen von Kunst erlaubt
ist, nämlich Freude zu habe, wünsche ich dieselbe beim Betrachten und Begreifen der
Arbeiten. (nur noch bis 1. November)
Abb. Halsschmuck "Parlament", Alu/Acryl
Foto (unten): Benno Lutz
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