Wenn Wirklichkeit und Fantasie zusammengenäht sind
Reizvolle poetische Landschaften in eigenwilliger Technik zeigt der Kunstverein Junge Kunst. Dort sind "genähte Fotocollagen" der Koreanerin Gisoo Kim zu sehen.

Gisoo Kim mit Tochter Ida vor einer ihrer Arbeiten. TV-Foto: Eva-Maria Reuther
Gisoo Kim mit Tochter Ida vor einer ihrer Arbeiten. TV-Foto: Eva-Maria Reuther

Trier. Die Bilder scheinen uns vertraut: eine weitläufige Gebirgslandschaft mit Fluss, eine Passstraße, an deren Rand eine Ziege wandert, ein Strand. Doch dann tauchen im Bildraum der Schwarz-Weiß-Fotos eingenähte Fäden auf, die im Fall der Straße an die langgezogenen Lichtstreifen nächtlicher Autofotografien erinnern. Andernorts formen die wie feine Zeichnungen wirkenden Fäden Bäume, Pflanzen, Netze oder sogar menschliche Gestalten. "Genähte Fotocollagen" nennt Gisoo Kim ihre Mischtechniken aus Fotos und weißen oder farbigen Fäden.

Die 1971 in Seoul geborene Koreanerin, die seit 2001 in Düsseldorf lebt und arbeitet, ist eine ausgesprochen eindrucksvolle Künstlerin. Ihr Werk ist gleichermaßen fesselnd wie verstörend. Das vermitteln auch ihre Trierer Arbeiten. Gisoo Kim bringt in ihren überarbeiteten Fotos die Wahrnehmung des Betrachters durcheinander, irritiert seinen Blick und öffnet ihn so für neue Bilder und für neues Sehen. Mit ihren Fadenzeichnungen denkt Kim die realen Motive ihrer Fotografien weiter, führt sie hinüber in den Raum der Fantasie und kombiniert so sichtbar Wirklichkeit und reine Vorstellung.

Dass sie ihre künstlerischen Einschlüsse und Bilderweiterungen einnäht, statt sie etwa einzuzeichnen, hat seinen Sinn. Die Fäden, ein klassisches Material, um Verbindung und Zusammenhalt herzustellen, "fließen" weiter, sagt die Künstlerin. "Ich verbinde damit zwei Orte, einen offensichtlichen und einen fremden Ort". Gisoo Kims so entstandene poetische Landschaften sind von großem Reiz. Sie machen eindrücklich sichtbar, was an Poesie und fantastischer Qualität in den Fotos und damit im realen Raum unserer Wirklichkeit steckt. Die Ausstellung sollte man sich unbedingt ansehen. er

Die Ausstellung ist noch bis 27. Oktober zu sehen. Öffnungszeiten: Samstag und Sonntag, 14 bis 17 Uhr, sowie nach telefonischer Vereinbarung, Telefon 0651/9763840, www.junge-kunst-trier.de

 
Quelle: Trierischer Volksfreund vom 07. Oktober 2012

Link: Gisoo Kim, "Zwei Welten", 22. 9. bis 27. 10. 2012

 


Letzte Aktualisierung: 10.10.2012 19:25:53 © 2015 Kunstverein Trier Junge Kunst e.V.