Kunst als Weg zur Erkenntnis.

Werner Müllers künstlerisches Interesse galt von Anfang an unbestritten den Formenprinzipien der Natur:
auf der einen Seite den Grundprinzipien des konstruktiven Aufbaus und der Funktion ihrer Formen, auf der anderen Seite den Verhältnissen von Innen/Außen und Negativ-/Positivformen.

Eine grundlegende Auseinandersetzung mit Beschaffenheit und Funktionalität einer Sache liegt dem künstlerischen Schaffensprozess bei Müller zu Grunde und geht mit ihm einher.
Dabei können die Formen durchaus Zufälligkeiten unterworfen sein. Der Schaffensprozess aber ist, bedingt durch konstruktive Grundprinzipien, zwingend.
Der Schaffensprozess wir zum Erkenntnisprozess.
Die Kunst wird zum Weg der Erkenntnis.

Wellhornschnecke, 1996So schuf Müller in einem Zyklus Schnecken, Bodenfrüchte, Feldfrüchte, Erdfrüchte.
Auf den ersten Blick scheinen diese Objekte Abbildungen der Natur zu sein. Eindrücke einer glücklichen, fast romantisch anmutenden Naturerfahrung.

Müllers Skulpturen sind nun keineswegs naive Nachahmungen. Sie entstehen zwar analog zur Natur. Sie übernehmen deren Formenprinzipien. Bauen auf den konstruktiven Grundformen auf. Doch über Materialbeschaffenheit und Größe des Objekts verzerrt Müller die Verbindung zum Vorbild. Er schafft ein ästhetisch und inhaltlich eigenständiges Kunstwerk. Ein Abstrakt der Natur.
So ermöglichen Bodenfrüchte aus Lindenholz von rund einem halben Meter Durchmesser ungekannte visuelle und haptische Erfahrungen. Oder Schnecken aus Wellpappe in einer Größe von über einem Meter vermitteln spielerisch, mit wunderbarer Leichtigkeit, das Prinzip der spiraligen Drehung.

Müllers Arbeiten sind dabei in ihrer Aussage nicht aufdringlich. Sie ordnen den Raum neu. Sie zeigen Perspektiven auf. Und doch sind sie eher zurückhaltend. Ihre Kraft schöpfen sie aus ihrer inneren Folgerichtigkeit und Authentizität. Sie sind ästhetisch und verbreiten Lebensfreude. Sie erzählen immer von ihrem Entstehungsprozess und regen an genauer hinzusehen, zu ertasten und zu begreifen und zu erkennen.

So zeigt sich in Werner Müllers Schaffen tatsächlich ein Erkenntnisprozess.
Für den Künstler.
Und für die Betrachtenden.

Christina Biundo


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