Kälte, Leblosigkeit

Kyrill Kovals Ausstellung "Landschaftsschnitte"
definiert modernen Raum

Von unserer Mitarbeiterin
ANKE EMMERLING

TRIER. "Landschaftsschnitte" heißt eine Ausstellung des aus St. Petersburg stammenden Künstlers Kyrill Koval, die noch bis zum 8. Mai in der Galerie Junge Kunst zu sehen ist. Sie setzt sich mit dem den modernen Menschen umgebenden Raum auseinander.

Was der Besucher beim Eintritt in die Galerie zuerst wahrnimmt, ist Leere. Lediglich zwei Fernsehgeräte und ein Wandobjekt laden zum Betrachten ein. Die Frage: "Das ist alles?" drängt sich unwillkürlich auf, bevor ein Blick auf die Monitore Spekulationen nährt, auf ein bewusst karg gehaltenes Arrangement gestoßen zu sein. Über die Bildschirme flimmern Schwarz-Weiß-Fotografien architektonischer Elemente aus dem städtischen Lebensraum: Metallgitter vor Betonwänden, Fassaden, Stahltore, Geländer, Barrikaden, Giebel. Weil es in der Leere des Raumes kaum anderes zu sehen gibt, konzentriert man sich unweigerlich auf diese Bilder und nimmt schockiert wahr, was einen großen Teil der heutigen Lebenswirklichkeit ausmacht: Kälte, Leblosigkeit, Architektur, die abstößt, verbarrikadiert, lenkt, vielleicht auch schützt, dem Menschen aber auf jeden Fall einen untergeordneten Platz zuweist.

Wirkungsvolle grafische Elemente

Kyrill Koval hat all das auf eine ästhetische Ebene transferiert. Sein Blickwinkel erfasst die strukturelle Qualität der Objekte. Und so können die Metallgitter vor Betonwänden oder gegliederte Fassaden plötzlich als wirkungsvolle grafische Elemente empfunden werden. Auch erschließt sich beim zweiten Blick, dass selbst noch so starre Körper einem Veränderungsprozess unterworfen sind. Da fällt ein schier undurchdringlicher Stacheldraht auf, der doch an einer Stelle gerissen ist, ein geschlossener Rolladen, von dem die Farbe blättert, eine tote Wand, die durch Graffiti zum Leben erweckt wird. Die Bilder wechseln in rhythmischen Zeitabständen und lassen, so wie die uns täglich umgebende mediale Reizüberflutung, keine dauerhafte Betrachtung zu. Als Ruhepol hängt gegenüber ein Wandobjekt aus fünf gleich langen, teils lackierten Elementen aus den Baumaterialien Metall, Beton und Holz. Sie fügen sich zu einer wandüberspannenden "Barrikade" in Blickhöhe zusammen, ästhetisches Objekt und Sinnbild in einem. Damit ist der Besucher auch schon zeitig am Ende der Ausstellung. Der Wunsch, mehr zu sehen, bleibt ebenso unbefriedigt, wie der, in der Galerie über das Gesehene in einen Dialog zu treten oder gar Informationen über das Gesamtwerk des Künstlers oder ihn selbst zu erhalten. Zurück bleibt, trotz des Niveaus der künstlerischen Arbeit Kyrill Kovals, der schale Nachgeschmack
der Dürftigkeit. hpl/no

Aus Baustoffen werden Wandobjekte.
Aus Baustoffen werden Wandobjekte.                              Foto: Anke Emmerling

"Landschaftsschnitte" ist bis zum 8. Mai in der Galerie Junge Kunst, Karl-Marx-Straße 90 zu sehen. Öffnungszeiten: Fr. 17-19, Sa. und So. 14-16 Uhr sowie nach Vereinbarung Tel.: 0651/9763840

Quelle: Trierischer Volksfreund, Kulturseite vom 19. April 2005

Link: Kyrill Koval "Landschaftsschnitte", Galerie Junge Kunst, 9.4. bis 8.5.2005

 


Letzte Aktualisierung: 20.04.2005 10:01:22 © 2010 Kunstverein Trier Junge Kunst e.V.