Stück für Stück ins Innere
Blick in verborgene Lebensräume: Die Mainzer Künstlerin Elke Richert
zeigt ihre Holz-Stücke in Trier
Von unserer Mitarbeiterin
EVA-MARIA REUTHER
TRIER. Es macht Spaß, beim Kunstverein Junge
Kunst vorbeizuschauen. Dort werden Holzplastiken der Mainzer Künstlerin Elke Richert
gezeigt.
"Einblicke" - Schon der Titel der Schau in der
Galerie Junge Kunst verheißt Erfreuliches. Hatten wir doch seinerzeit beim Romantiker
Novalis erfahren, was uns später Joseph Beuys noch einmal nachhaltig ins Gedächtnis
rief: "Der wahre Leser ist der erweiterte Autor". Was für den Leser gilt,
trifft auch auf den Kunstbetrachter zu. Die 1963 im Saarland geborene Künstlerin, die
heute in Mainz lebt und zu den "Balmoral"-Stipendiaten des Landes
Rheinland-Pfalz gehört, öffnet dem Kunstfreund die Augen zum erweiterten Blick in die
verborgenen Lebensräume ihrer Holz-Organismen. Bisweilen rückt sie ihren Blöcken sogar
mit Kettensägen zu Leibe, um Scheiben weise deren Innerstes offen zu legen.
Elke Richerts "Holz-Stücke" zeigen Risse, Sprünge, Einschlüsse und mit
Bändern befestigte Ausschnitte, die wie mühsam vernähte Wunden aussehen. Dabei übt
sich die Bildhauerin in den klassischen Tugenden der Bildhauerei. Sie teilt Volumen oder
ergänzt es und erzielt malerische Effekte über die Behandlung der Oberflächen. Das wird
vor allem in ihren Laub-Objekten deutlich. Ihr lichtdurchflutetes Laub stellt sich als
Holzstücke dar, in die imaginäre Lichtpunkte, Löcher gebrannt haben.
Über Vereinzelung und Spaltung verliert Richert dennoch nicht den Blick für das Ganze.
Stets bleiben ihre Arbeiten in sich geschlossene ganzheitliche Organismen, die Innenleben
preisgeben ohne sich damit selbst zu entäußern. Die Mainzer Künstlerin hat aus der
Vergangenheit die Angewohnheit, ihre Arbeiten konkret zu benennen. Auch in Trier begegnen
uns "Ameisenhaufen", Fische im Fluss oder "Laub gegen Licht
betrachtet". Indes, - hier gilt es - eben als erweiterter Autor weiterzudenken, ist
doch die Ablösung vom Gegenstand diesmal die Gewinn bringendere Art der Kunstbetrachtung.
Elke Richert ist Joseph Beuys wunderbar nahe mit ihren "Kunst-Stücken" von der
beseelten Materie und ihrer bildhauerischen Aufforderung hinter der sichtbaren Skulptur
die unsichtbare zu entdecken.
Galerie Junge Kunst, Karl Marx-Straße, Trier, bis 28. November, Do.-Fr. 17-19 Uhr, Sa.
11-14 Uhr und nach Vereinbarung, Telefon: (0651) 308025, Finissage 28. November, 11 Uhr.
Quelle: Trierischer Volksfreund vom 18. November 1999
Link: Elke Richert, Einblicke, Galerie
Junge Kunst, 23. 10. - 27. 11. 1999
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